Megatrend Digitalisierung auf dem Prüfstand

Von Digitalisierung noch als Trend zu sprechen, ist in vielen Bereichen untertrieben. Denn die digitale Transformation ist für etliche Unternehmen und Branchen mittlerweile Standard, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch wo steht Deutschland aktuell bei der Digitalisierung und welche Vor- und Nachteile hat der digitale Wandel weiterhin? Wir versuchen, Antworten zu geben.
Die Corona-Krise hat die Lücken der Digitalisierung offengelegt
Folgt man dem Finanzanalysten Guido Zimmermann von der Landesbank Baden-Württemberg, hat „das 21. Jahrhundert […] erst 2020 mit der Corona-Krise wirklich begonnen.“ Laut seinen Aussagen hat sich gezeigt, dass digital besser aufgestellte Staaten die Krise auch besser meistern konnten. Gleichzeitig wurden die Defizite in Deutschland bei der Digitalisierung noch offensichtlicher. Hier bezieht sich Zimmermann vor allem auf die deutsche Verwaltungs- und Bildungslandschaft.
Diese Aussage deckt sich mit dem Platz Deutschlands beim IMD Digital Competiveness Index 2021. Am wettbewerbsfähigsten im Digitalen sind demnach die USA, Hongkong und Schweden, gefolgt von Dänemark, Singapur und der Schweiz. Deutschland ist im Vergleich zu 2016 nochmals um drei Plätze abgerutscht und liegt hinter China, Israel und Staaten wie Kanada auf Rang 18.
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Nimmt man einen anderen Index zur Digitalisierung als Grundlage, zum Beispiel den DESI-Index, ergab sich für 2020 ein ähnliches Bild. In der EU waren Finnland, Schweden und Dänemark sowie die Niederlande ganz vorn, mit Abstand folgen Malta und Irland. Deutschland lag mit 56,1 von 100 Punkten auf Platz 11.
Digitalisierung ist vielschichtig und nicht in allen Bereichen gleich entwickelt
Was eine objektive Einstufung des Status quo in puncto Digitalisierung in Deutschland erschwert, ist die Vielschichtigkeit des Begriffs. Digitalisierung kann ganz unterschiedliche Bereiche betreffen. Würde man die Digitalisierung in Deutschland anhand der Internetnutzung bestimmen, ergäbe das mit über 89 Prozent einen sehr hohen Verbreitungsgrad. Demnach ist die breite Bevölkerung bereits in hohem Maße „digitalisiert“, was die Kommunikation und das Internet angeht.
Geht es um die Frage nach dem Zustand der Digitalisierung für KMU in Deutschland, waren CEOs laut einer Umfrage 2020 durch die Bitkom eher skeptisch und sahen Deutschland nicht als digitalen Vorreiter.
Interessanterweise hat die Digitalisierung laut einer Bitkom-Umfrage im November 2020 für rund 70 Prozent der deutschen Unternehmen durch Corona an Bedeutung gewonnen. Rund 97 Prozent der Befragten sahen in der Digitalisierung vor allem eine Chance für das eigene Unternehmen. Allerdings haben laut derselben Studie viele Unternehmen durch die Corona-Krise die eigenen Defizite im Digitalen zu spüren bekommen. Manche sehen sogar eine Spaltung der Wirtschaft in digitale Vorreiter und die Firmen, die den digitalen Wandel nicht oder noch nicht eingeläutet haben.
Die Wirtschaft hat jedoch vielfach während der Corona-Pandemie investiert, um z.B. Mitarbeitenden Homeoffice zu ermöglichen oder Kollaborationstools zu nutzen.
Der KfW-Digitalisierungsbericht Mittelstand 2020 zeigt hingegen auf, dass trotz Wettbewerbsdruck mehr als 30 Prozent der mittelständischen Unternehmen weiterhin nicht in die digitale Transformation investieren. Mögliche Gründe für diesen Investitionsrückstand sehen Experten im erhöhten Verschuldungsgrad vieler Unternehmen, bedingt durch einen Rückgang von Aufträgen während der Corona-Pandemie.
Interessant waren die Ergebnisse einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags unter 3.500 Betrieben. Auf die Frage, wie die Unternehmen ihren eigenen Digitalisierungsgrad einschätzen, gaben sich der ITK-Sektor eine 2,1 und die Finanzbranche eine 2,6 als Schulnote. Am Ende der Skala befand sich mit einer 3,4 das Gastgewerbe.
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Mangelhafte Digitalisierung verlangsamt Prozesse
Die Situation in Deutschland zeigt, dass vor allem Unternehmen die Notwendigkeit zum digitalen Wandel vielfach bewusst ist und viele Firmen ihren Digitalisierungsgrad verbessert haben. Allerdings gibt es in Deutschland noch viele strukturelle Hemmnisse, welche die Digitalisierung ausbremsen:
- Der Ausbau des 5G-Netzes: Insbesondere, wenn es in der Industrie oder im Verkehr um den schnellen mobilen Datenaustausch geht, ist 5G unabdingbar. Ein Blick auf den Status im Netzausbau der Telekom zeigt, dass es hier noch viele weiße Flecken gibt und von einem flächendeckenden Ausbau noch nicht die Rede sein kann.
- Schnelles Internet: Schnelle Glasfaseranschlüsse sind für Industriebetriebe ebenso wichtig wie für Marketingfirmen. Sie bilden z.B. die Grundlage für eine schnelle Nutzung der Cloud. Doch auch hier ist Deutschland im Rückstand. Ursprünglich war geplant, dass bis 2025 überall Gigabit-Anschlüsse verfügbar sind. Doch wird das vermutlich bis 2030 dauern.
- Verwaltung: In Deutschland wurde im Zuge der Corona-Pandemie deutlich, dass vor allem in der Verwaltung in Bezug auf Digitalisierung hoher Nachholbedarf besteht. Während in Ländern wie Litauen Behördengänge fast überflüssig werden, verschicken Ämter in Deutschland immer noch Faxe. Ähnliches gilt auch für den Bildungssektor.
Der Wille zur Digitalisierung ist in der Wirtschaft vorhanden
Der digitale Wandel ist in Deutschland auf breiter Ebene gewünscht. Allerdings stehen dem meist technische Hürden gegenüber. In der Wirtschaft ist ein hoher Digitalisierungsgrad in vielen Bereichen jedoch elementar für die Wettbewerbsfähigkeit. Das beginnt bei der oftmals fehlenden Möglichkeit, eine Cloud zu nutzen und reicht bis hin zur reibungslosen Zusammenarbeit per Videochat.