Der Wandel des Führungsstils in Krisenzeiten

Im Frühjahr 2020 hat sich die Arbeitswelt in Deutschland schlagartig verändert. Sofern ihre Tätigkeiten dafür geeignet sind, arbeiten seit dem Ausbruch des Coronavirus immer mehr Menschen im Homeoffice - auch in Unternehmen, die bislang Homeoffice nur tageweise oder nicht für alle Mitarbeiter ermöglicht haben. Allerdings waren nicht bei allen Arbeitgebern die technischen Voraussetzungen vorhanden, um Homeoffice zu ermöglichen. Innerhalb kürzester Zeit hat die Corona-Pandemie die Digitalisierung in vielen Unternehmen vorangetrieben.
Zu Beginn der Pandemie wurden auch bei Progressive alle Recruiter ins Homeoffice geschickt. Dies wirkte sich nicht nur auf die Arbeitsweise der Mitarbeiter aus, sondern auch auf die Führungsweise deren Führungskräfte.
Die Digitalisierung erfordert ein ganz neues Führungsverständnis. Dabei spielt nicht nur die Technologie eine Rolle, sondern auch das Umdenken im Umgang mit den Mitarbeitern. Wir wollten von Business Manager Martin Hunglinger von Progressive wissen, wie sich seine Führungsrolle innerhalb seines Teams in den letzten Monaten verändert hat.
Nach seinem abgeschlossenen BWL-Studium und einem weiteren Jahr Praxiserfahrung bei der BMW AG wechselte Martin Hunglinger vor neun Jahren zu Progressive. Nach knapp vier Jahren Teamleitung verantwortet er mittlerweile als Business Manager die Abteilung Engineering für die Anstellungsarten Freiberuflichkeit sowie Arbeitnehmerüberlassung in München.
Herr Hunglinger, durch die Pandemie waren viele Mitarbeiter gezwungen aus dem Homeoffice zu arbeiten. Dabei waren Führungskräfte gefordert, ihre bisherige Führungsphilosophie und -methodik auf die neuen Rahmenbedingungen des Remote Managements anzupassen. Was waren Ihre größten Herausforderungen dabei?
“Eine Herausforderung war zum einen die „Qualitative Kommunikation“ über alle Level hinweg gewährleisten zu können. Ich ziehe viel Energie aus persönlichen Gesprächen. Besonders am Anfang der Lockdown-Phase war es für mich sehr herausfordernd, neue Wege zu finden, die es mir ermöglichen, die Beziehung zu Kollegen und Mitarbeiter weiter aufrechterhalten zu können. Es herrschte viel Unsicherheit sowohl intern als auch extern bei unseren Kunden. Hier war es besonders wichtig, ein guter Zuhörer sein zu können, um so den Kollegen dort abzuholen, wo er sich befand. Zum anderen lag die Herausforderung darin, eine Zukunftsvision aufzuzeigen und das Teammitglied zu inspirieren, diese - entgegen aller Widerstände - zu verfolgen.”
Wie haben Sie als Führungskraft auch im Homeoffice den Überblick über die Aufgaben Ihres Teams behalten?
“Wir haben kleine, agile Projektteams aufgesetzt und so Kernbereiche des Tagesgeschäftes an erfahrene Kollegen delegiert. Dieses neue Set-up schaffte mir den nötigen Freiraum, den Fokus auf die zukünftige Strategie und neue Geschäftsausrichtung zu lenken. Gleichzeitig erfuhren die Mitarbeiter hierdurch auch mehr Wertschätzung, da sie zunehmend mehr Verantwortung übernehmen mussten. Engmaschiges Monitoring und tägliche Videokonferenzen stellten sicher, dass wir die Bewegungen am Markt für das gesamte Team transparent hielten.”
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Wie wirkt sich Ihres Erachtens nach die Corona-Pandemie generell auf die Führungsart der Manager aus?
“Die Corona-Pandemie ruft in allen Bereichen des Lebens einen großen Veränderungsdruck hervor. Zweifelsohne muss der Mensch verstärkt in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt werden. Führungskräfte müssen diese Notwendigkeit erkennen und ihre Art zu Führen entsprechend ausrichten. Als Beispiel möchte ich regelmäßige Umfragen erwähnen, die ohne großen Aufwand umsetzbar sind und ermöglichen, dass Mitarbeiter nachhaltig in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.”
Viele Mitarbeiter arbeiten gerne im Homeoffice, doch andere wiederum tun sich schwer damit. Welche Maßnahmen haben Sie vor allem während des Lockdowns ergriffen, um das Arbeiten im Homeoffice für all Ihre Teammitglieder zu erleichtern?
“Wir haben gezielt Zeiträume im Wochenverlauf eingeführt, in denen wir uns alle zu einem gemeinsamen Video-Chat „getroffen“ haben. In lockerer Atmosphäre öffnet man sich leichter, daher lag unser Fokus in diesen Chats bewusst auf privaten Gesprächen und weniger auf beruflichen Themen. Darüber hinaus habe ich auf zahlreiche Artikel aufmerksam gemacht, die Tipps aufzeigen, wie man produktiv im Homeoffice arbeiten kann.”
Wie haben Sie - trotz der Umstände - den Teamzusammenhalt aufrechterhalten?
“Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Berufsleben noch nie so viel kommuniziert wie in diesen Wochen. Zusammenhalt entsteht, wenn sich Menschen zugehörig fühlen und sich mit ihrem Umfeld identifizieren können. Dies zu erreichen war mein Ziel.”
Hat sich seit der Pandemie und durch das Homeoffice das Verhältnis Ihrer Mitarbeiter untereinander und zu Ihnen als Führungskraft verändert?
“Ja hat es. Die Bindung untereinander ist stärker geworden. Schließlich waren und sind diese Zeiten enorm intensiv und zwingen einen dazu, sich permanent aus seiner eigenen Komfortzone zu bewegen. Zu wissen, dass die Corona-Auswirkungen alle gleichermaßen stark fordern und man dadurch nicht alleine ist, erleichtert das Loslassen des gewohnten Umfeldes und erzeugt Mut, gemeinsam neue Ufer anzusteuern.”
Seit ein paar Wochen sind die Mitarbeiter von Progressive teilweise ins Büro zurückgekehrt. Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft des Arbeitsalltags aus?
“Die Anzahl der Homeoffice-Tage pro Woche wird aus meiner Sicht wieder etwas zurückgehen. Das Homeoffice an sich wird jedoch nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken sein und das ist auch gut so. Was vor Corona einem beim Arbeitnehmer eventuell noch zu extra Punkten verhalf, ist seit einigen Wochen Standard. Diese Flexibilität hat aber weitere positive Effekte, indem es den Druck in der Wochenplanung rausnimmt, alles unter einen Hut zu bekommen. Gerade für junge Familien mit Kindern, deren Woche extrem durchgetaktet ist und großes Organisationstalent erfordert, bieten die neuen Möglichkeiten des Arbeitens große Entlastungen.”
Welche Tipps würden Sie zukünftigen Führungskräften geben?
“Zum einen in erster Linie sich selbst treu zu bleiben und bewusst zu machen, dass der Job enorm viel Potenzial zur persönlichen Weiterentwicklung birgt. Zum anderen sind Ziele - egal welcher Größenordnung - wichtig, denn sie setzen unsere Handlung in Gang. Die Freude über das Erreichen der Ziele sollte jedoch nicht erst am Ende (zum Beispiel durch eine Bonuszahlung) kommen, sondern auf dem Weg dorthin liegen. Dieser ist durch die Qualität der entstandenen bzw. entstehenden Beziehungen untereinander geprägt. Jedes Ziel ist dabei nur ein Etappenziel.”
Vielen Dank für das interessante Interview, Herr Hunglinger!
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